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Bike & Fun 2004

1995 – 2004: 10. Jahr Bike & Fun Tour – oder die Leichtigkeit des Seins

Light – ein Wort wird zur Lebenseinstellung. Alles ist heute light: Käse, Jogurt, Bier, das zukünftige Gewicht einzelner Memmen bei künftigen Alpenüberquerungen – einfach alles. Diesem Trend folgend, beschloss die Reiseleitung der Bike & Fun Tours im 10. Jahr mal eine Light-Tour auszuschreiben. Es sollte allen Memmen, ob stark oder schwach, die Chance gegeben werden mitzukommen. Traditionell wurde der Bethof als Quartier ausgewählt. Bietet er doch für geschätzte 14 Memmen in nur einem Zimmer eine ideale Übernachtungsmöglichkeit mit Kuschelgarantie. Für schwache Fahrer wurde eine super Light-Variante angeboten. Gerd bot sich an, das Gepäck am Vorabend schon an den Bethof zu fahren. Milde lächelnd kommentierte Joggel diesen Vorschlag mit den Worten: „Wer sein 18 Kilo Bike und einen 10 Kilo schweren Rucksack zum Kronplatz hochgetreten hat, der braucht das nicht, der nimmt höchstens noch 2 Liter Weißherbstschorle zusätzlich mit!!! Alpencrosser tragen nämlich ihren Rucksack mit Stolz!!!“ Für uns Alpen-Light-Crosser kam die Gepäckabgabe ebenfalls nicht in Frage.

Der Abfahrtstag kam und leider auch die ersten Absagen:

  • Gerd: Grippe, Husten, Schnupfen, Kopfweh, Gliederziehen, ... – aber er kam doch mit dem Auto vorbei.
  • Harry: Zugverbindungsprobleme, Reisekrankheit, alpine Trennungsängste, Heimweh nach München – wie sehr vermissen wir ihn und seine Gitarre.
  • Jörg: Zahnhalskaries, eingewachsener Zeh, Furunkel am Hintern, Huffäule, Hausarrest (?) – auf seine Country-Songs am Lagerfeuer verzichten wir ungern.

So traten also am Samstag den 04.09.04 bei strahlendem Sonnenschein die Memmen Joggel, Oli, Steffen T., Andreas, Uli, Lottel und Michael von den harten Alpen-X-lern, Dirk und Christian von den Alpen-Light-X-lern und Steffen N., sowie Trauzeuge Steffen K. von den Alpen-NiX-lern an den Start. Die Stimmung am Bahnhof Limburgerhof – traditioneller Startpunkt für praktisch alle Memmen-Touren - war super, hatte doch die Sonne für uns ein super sonniges Wochenende bereitet. Doch leider legten sich erste dunkle Schatten auf reine, zarte Memmen-Seelen. Was hatte Joggel da auf dem Rücken? Es sah aus wie ein Damentäschchen in dem nur ein Päckchen Tempos und ein Tampon Platz haben. Aus dem dunklen Verdacht wurde ziemlich schnell Wahrheit – er hat’s getan, Joggel, der Marathon-Mann, der Bezwinger des Flachjochs und des Passo Cinque Croci hat es tatsächlich mit dem Motto „light“x genommen und sein Gepäck mit dem Wagen vorgeschickt. Bestürzte und verzweifelte Blicke wandern unsicher über den Bahnsteig, bleiben bei Steffen T., dem Sprintsieger über Lottel am Marter/Roncegno und wundern sich über die aufsteigende Gesichtsröte und den traurig schlaffen Rucksack. Auch er hat es getan! Im selben Moment outet sich Michael. Er murmelt was von Badrenovierung, Rückenschmerzen und sozialisierten Rucksack-Fahrten. Tränen rinnen schließlich aus den Augen des Verfassers dieser Zeilen als zuletzt auch noch Steffen N. zugibt, dass sein Beutel nur noch leere Zierde ist. „Ich dachte wir gehen heute Abend noch tanzen...“ war sein verzweifelter Versuch das Unfassbare zu begründen. Verrat schallt über den Bahnhof. Aber schon fährt der Zug pünktlich ein und erstickt die aufkeimende Revolution im Keim.

Beim Aussteigen in Neustadt dann der erste Defekt. Dirk hebt sein Bike am Sattel an und ein kurzes, aber lautes Knacken verheißt nichts Gutes. Der Sattel war gebrochen. Zu schwer geladen denken da wohl einige. Also auf zu den ersten Extra-Kilometern in Neustadt zu einem Radhändler. Der Sattel war dank der fachkundigen Hilfe und Beratung von mindesten 10 Memmen fix ausgesucht und montiert. Weiter ging die Fahrt mit dem nächsten Zug nach Wissembourg.

Tag 1 (Samstag):
Wissembourg – Nothweiler – Fleckenstein – Wegelnburg – Bethof
Kilometer laut Roadbook: 38,7 km; Kilometer real: 54,5 km

In Wissembourg wurde – traditionell wie immer – erst einmal ein petit Päuschen gemacht und ein Croissant genascht. Zur Stärkung für die Anstrengungen des ersten Tages. Am Ortsausgang dann – traditionell wie immer – ein erster Orientierungshalt mit hektischem Kartengefummel. Schnell war dann doch die Richtung klar und wir radelten jetzt schon in der Mittagssonne Nothweiler entgegen.

Ganz traditionell kehrten wir dort zum Flammkuchen essen ein und auch hier wurde traditionell ein Flammkuchen mit Zwiebeln, Speck und Knoblauch (sorry Andreas: bitte nur die eine Hälfte mit Speck) und ein weiterer mit Apfel, Zimt und flambiert mit Calvados verspeist.

Zum Abschluss dann noch ganz untraditionell ein Selbstversuch. „Latin Lover“ prangte da auf einem Kärtchen auf dem Tisch. Wer wollte dazu schon nein sagen, doch was war das? Ein ayurvedischer Tee war es dann aus Mate, Rooibos, Papaya, Apfel und Hafer. Das Kärtchen versprach eine anregende Wirkung – das konnte ich gebrauchen und so wurde die Bestellung aufgegeben. Wunderbar war’s, auch die Wirkung: schaute mich die Bedienung (Marietta, 1. Lehrjahr) doch schon so komisch lüstern (?) an. Naja, am ersten Anstieg nach dem Essen war die Wirkung dann schon verflogen.

Jetzt kam auch langsam zu Tage was die Reiseleitung mit Light-Tour meinte: Leichte Messfehler in der Entfernungsangabe und leichte Unkorrektheiten bei der Auswertung der Höhenlinien auf der Karte ließen nur einen Schluss zu: Mangelnde Beachtung der Lichtverhältnisse, aber heftige Beachtung der Alkoholvorräte auf dem Campingplatz bei der Ausarbeitung der Tour. Trauzeuge Steffen K. wusste spätestens nachdem die angekündigten 38 km vorbei, aber der Berg immer noch nicht zu Ende war, die Sonne blutrot am Himmel stand, dass „light“ und „leiden“ zusammen gehören. Aber auch er erreichte mit dem letzten Licht des Tages müde und glücklich das Etappenziel, den Bethof. Gerd wartete schon mit 12 leckeren Weizenbieren auf unser Eintreffen. Schnell wurden die Rucksäcke bzw. die 4 Reisekoffer ausgeräumt und der Rest des Abends wurde traditionell gefeiert, gelacht, getrunken und geraucht. Natürlich lagen Andreas, Steffen N. und auch Trauzeuge Steffen K. (die Tradition) als Erste im Bett. Natürlich war auch diesmal die Luft im Zimmer erfüllt von höllischem Schwefelgasgeruch. Natürlich wurde geschnarcht und geraschelt, aber letztendlich hat jeder überlebt.

Tag 2 (Sonntag):
Bethof – Ruine Landeck – Ranschbach – Landauer Hütte – Drei Buchen – Heldenstein – Totenkopfhütte – Neustadt
Kilometer: 60,3 km

Nach einem reichhaltigen Frühstück mit 2 Brötchen und einem Ei verabschiedeten wir uns von Gerd, dem Bethof und Michaels Glückssträhne. Nach einem Platten am Vorderrad hatte über Nacht sein Hinterrad schlapp gemacht. In der Morgensonne schaute man ihm gerne beim Flicken zu. Trauzeuge Steffen K. überraschte alle, indem er die Mitfahrgelegenheit von Gerd ausschlug und noch ein paar Kilometer mit uns fahren wollte – Respekt! Respekt verdiente sich auch Steffen N., der leider feststellen musste, dass sein kleinstes Kettenblatt nach seiner Inspektion nicht mehr zu schalten war. Er musste also alle Anstiege auf dem mittleren Blatt fahren. Dafür war aber sein Rucksack leer. Auch Alpencrosser und Pizzaexperte Uli verabschiedete sich von Gerd, dem Bethof und dem Inhalt seines Rucksacks. Der trat die Heimreise neben den 4 Reisecontainern in Gerds Auto an. Der Rückweg wurde scheinbar wieder bei guten Lichtverhältnissen und klarem Verstand geplant. Diesmal stimmten – ganz traditionell – die angegebenen Entfernungen und Höhen mit der Wirklichkeit überein – Respekt. Nach der allerersten nennenswerten Steigung verließ zuerst Trauzeuge Steffen K. die Kraft und dann auch er die Gruppe. Eine SMS verriet uns, dass er bis Landau auf der Strasse gefahren war und erst dort den Zug nahm. Währendessen entdeckte Michael ein neues Hobby: Fahrrad aufpumpen. Es verging kaum ein Halt an dem er nicht seiner neuen Passion nachging. Zur Mittagszeit erreichten wir die drei Buchen. 3 – 5 Aufpump-Stopps später die Totenkopfhütte. Kuchen wurde serviert, erste Resümees wurden gezogen. Nach dem Aufpumpen (mittlerweile schon Tradition und erst 2 Pumpen dabei demoliert!) folgte der letzte Downhill nach Neustadt. Dort fand der Ausklang auf dem Marktplatz bei Radler und Eisbecher (immerhin haben wir die Kalorien bestimmt schon längst abtrainiert...) statt.

Fazit:

Die Tour war light – für alle die unsere Reiseleitung kennen. Die Reiseleitung hat sich nur am ersten Tag light vermessen. Die Rucksäcke mancher Teilnehmer waren doch sehr light. Die Temperatur im Schatten an den drei Buchen bei 24°C war light. Aber eines war wieder heavy und das war der Spaß, die Freude und die Gaudi die wir auf dieser Tour wieder hatten. Also auch wieder ganz traditionell.

Bis 2005 dann - mit gepacktem Rucksack und leerem Bauch

Christian